Aufgabenkontrolle im IT-Projekt: Wie To-Do Listen Geld sparen, die Nerven schonen und was Sie hinein schreiben sollten.

Endlich kann Ihr Projekt starten. Sie sind heilfroh; das Team motiviert; die Stimmung gut. Sie haben Vertrauen zu Ihren Leuten. Nach ein paar Tagen kommt Ihnen zu Ohren, dass es Missverständnisse gegeben hat. „Das kann ja mal vorkommen. Nichts Schlimmes.“

Wirklich? In vielen Jahren im Projektmanagement habe ich gelernt, auf bestimmte Signale zu hören. Sie sind Vorboten von Ärger. Zumindest deuten Sie Zeitdruck und Stress an vielen Stellen an. Bei Gesprächen wie diesen werde ich hellhörig:

Beispiel 1

Auftraggeber: „Aber es war doch klar, dass das dabei sein muss…“
Consultant: „Davon habe ich nichts gewusst.“
Auftraggeber: „Können Sie das eben noch mitmachen?“
Consultant: „Ja, versuche ich. Irgendwie.“

Beispiel 2

Auftraggeber: „Wir haben uns das angeschaut. Das Formular sieht gut aus. Die Änderungen von gestern müssen allerdings wieder raus. Das war nicht gut überlegt von uns. Dafür möchten wir einige Felder verschoben haben. Außerdem sollen Infos zum Rohertrag auftauchen. Allerdings nur intern sichtbar, natürlich. Außerdem soll ein Begleitschein ausgedruckt werden. Ist das ein Problem?“
Consultant: „Das können wir machen. Da setze ich mich gleich nachher dran.“

Beispiel 3

Auftraggeber: „Das ist ein Programmfehler. Das darf da nicht passieren.“
Consultant: „Das ist so.“
Auftraggeber: „Das kann so nicht bleiben.“
Consultant: „An der Stelle habe ich keine Chance, etwas zu ändern.“
Auftraggeber: „Das ist ja unglaublich! So können wir das alles nicht gebrauchen.“

Ohne Kontrolle: Ungebremstes Wachstum der To-Do Liste

Was ist passiert? Nach dem Kick-Off stürzen sich alle Beteiligten motiviert ins Projekt. Doch schon bald tauchen die ersten Fragen auf. Die eben noch glasklaren Aufgaben müssen neu diskutiert werden. Es stehen erste Änderungen an den Aufgabenstellungen und dem Zeitplan an. Und da der Appetit bekanntlich beim Essen kommt, entstehen nebenher Wünsche: Der Auftraggeber versteht das System immer besser und entwickelt Ideen, was er noch möchte. Die To-Do Liste wächst.

Nach einer Weile stehen erste Tests an. Lieferant und Auftraggeber sind zu gleichen Teilen gefordert, die Funktionalitäten zu prüfen. Laufende Tests sind fester Bestandteil jedes IT-Projekts: Sie müssen technisch geprüft und prozessual hinterfragt werden.

Aus den Tests entstehen neue Aufgaben: die Klärung von Sachverhalten, Fehlerbeseitigungen, der Einbau neuer Funktionen, Projektkoordination in Form von Mails und Telefonaten, das Schreiben von Dokumentationen und Vieles mehr. Schnell wird der Arbeitsberg immer größer. Ist das Team noch im Zeitplan? Alle Beteiligten müssen sehr genau hinschauen und Kapazitäten bereit stellen, damit alles in time gemerkt, kontrolliert und abgearbeitet werden kann. Wieder kommen ToDo’s hinzu.

Was zählt: ordnen, kontrollieren, organisieren

Dieses wilde Wachstum braucht Kontrolle. Meist gibt es jedoch keine gemeinsame Basis für die Überwachung des Projekts. Das erlebe ich immer wieder: Sowohl Auftraggeber als auch Lieferant müssen zu jeder Zeit wissen, wer gerade woran arbeitet, und wer in der Bringschuld ist, damit es weiter geht. Andernfalls arbeiten die Projektmitarbeiter aneinander vorbei und es kommt zu ungewollten Verzögerungen. In regelmäßigen Statusmeetings müssen die Aufgaben diskutiert und priorisiert werden.

Um die Aufgaben festzuhalten, braucht es nicht zwangsläufig eine aufwändige Datenbank. Manchmal ist ein MS Excel-Sheet tatsächlich ein ausreichendes Mittel. Meist eignen sich Ticketsystem jedoch besser. Einfache Tools gibt es bereits für wenig Geld und sind schnell im Netz gefunden.

Idealerweise einigen sich die Projektleiter des Auftraggebers und des Lieferanten gleich zu Beginn: Sie sollten festlegen, wie die To-Dos verwaltet werden. Und der Lieferant sollte aus der Hüfte ein Tool nennen können – nämlich das, das er in der Regel nutzt.

Eine gute Aufgabenverwaltung schont das Budget

Nur was im Pflichtenheft steht, ist eingepreist

Zurück zu den Beispielen. Jetzt kommt der schwierige Teil. Es geht um Zeit – und somit um Geld.

In Beispiel eins wird deutlich, dass eine Anforderung an die neue Lösung nicht erfüllt wurde. Der Auftraggeber war davon ausgegangen, dass sie selbstverständlich ist – weshalb im Pflichtenheft nichts von ihr zu lesen ist. Der Lieferant hat nichts geahnt und nicht gefragt. Wie sollte er auch? Er ist ja kein Hellseher.

Die Anforderungen an ein neues System sollten von Beginn an so umfangreich wie möglich formuliert werden. Doch auch wenn sich alle Beteiligten noch so sehr anstrengen: Wir sind Menschen und vergessen auch einmal etwas. Nichts ist selbstverständlich. Notieren Sie in ihrem Pflichtenheft auch das, was selbstverständlich zu sein scheint.

Das Problem ist: Für die Anforderungen, die nicht im Pflichtenheft stehen, gibt es kein Budget – weder im Zeit- noch im Finanzbudget. Jede später hinzu kommende Aufgabe ist mit zusätzlichen Kosten verbunden. Sie muss in die To-D Liste aufgenommen werden mit dem Hinweis, dass die zusätzliche Aufgabe mit dem Verantwortlichen abgestimmt werden muss, um die Kosten zu klären.

Vorsicht vor Folgekosten bei Änderungswünschen im laufenden Projekt

Gespräch zwei ist ein Musterbeispiel für einen „Change Request“. Gemeint ist, dass der Auftraggeber seine Aufgabenstellung im laufenden Projekt modifiziert – und gelegentlich wieder zurückrudert.

Neue Anforderungen müssen also umgesetzt – und ab und an sogar wieder entfernt werden. Auch dies kostet Zeit und Geld. Von außen kaum erkennbar folgt manchmal sogar eine Art Kettenreaktion neuer Aufgaben und To-Dos: Eine Aufgabe zieht weitere nach sich. Schnell ist das zwei- oder dreifache der geplanten Zeit nötig. Auch solche Änderungen müssen im Ticketsystem festgehalten und eventuell neu geplant werden.

Technisch geht fast alles. Aber gibt es auch das Budget dazu?

In Gespräch drei stellt der Auftraggeber alles in Frage. So ist der Mensch nun einmal: Zuerst spricht er über das, was nicht funktioniert. Was prima klappt und was die Kosten bereits senkt, verliert er schnell aus den Augen.

„Wer hat Schuld?“ Dies ist eine der „beliebtesten“ und häufigsten Fragen – mühsam und in der Regel wenig zielführend. War eine Aufgabe bisher unbekannt und wurde sie deshalb nicht eingeplant? Etwas kann nicht realisiert werden, das sagt zumindest der Lieferant. So richtig glaube ich das nicht, ehrlich gesagt. Es gibt immer eine Lösung. Ja, das meine ich erst. Allerdings hängt die Realisierung von den Finanzen ab. Für eine fruchtbare Diskussion braucht es Erfahrung, Wille und eine ordentliche Portion Optimismus.

Ich weiß, so klar ist das nicht immer. Vielleicht hat der Lieferant vollmundig zugesichert, dass im Angebot definitiv alles enthalten ist. Das Projekt aufzugeben und sich vor dem Richter zu treffen, ist jedoch auch keine Lösung. Ich wiederhole mich: lieber konstruktiv bleiben.

Eine To-Do Liste, die die Aufgabenverwaltung wirklich voran bringt

Ein eine gut geführte To-Do Liste gehören die Informationen

  1. Worum es geht
  2. Wer das Thema aufgenommen hat
  3. Wann das Thema aufgenommen wurde
  4. Wer es erledigt
  5. Zu wann es erledigt wird
  6. Typ des Eintrags: „Fehler“, „Änderung der Anforderung“, „Neue Aufgabenstellung“ usw.
  7. Status des Eintrags: „Terminiert“, „Offen“, „Erledigt“, „Zurückgestellt“ usw.
  8. Erweiterter Status „Im Meeting besprechen“, „Angebot anfordern“ usw.
  9. Priorität
  10. Notiz (Fließtext)

Die Liste sollte regelmäßig im Team besprochen. Bitte löschen Sie niemals etwas. Einträge werden höchstens zurückstellt oder gestrichen. Somit ergibt sich eine gute Dokumentation und ein Beleg zum Projektfortschritt.

Fazit

Mündliche Vereinbarungen sind nur auf den ersten Blick einfach: Doch das geschriebene Wort hat einen anderen Stellenwert als das gesprochene.

Dokumentieren Sie. Schreiben Sie Tickets. Führen Sie To-Do Listen. Nur so behalten Sie die Übersicht und können mit Blick auf Ihren Zeitplan Maßnahmen einleiten. Die Projektleiter sind verantwortlich, dass die Tickets immer auf dem aktuellen Stand sind und jeder die Notwendigkeit einsieht, sie zu pflegen.

Zu mühsam zu altbacken? Behalten Sie meinen Blog im Auge. In Kürze finden Sie hier Artikel zum Thema Scrum und Agiles Projektmanagement.

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